Sonntag, 23. April 2017

Ihr Sozialismus wird ihnen präsentiert von...

...in diesem Falle von Viettel
In Vietnam hat man schon eine merkwürdig unverkrampfte Einstellung zum Sozialismus. Auf der einen Seite wehen überall Hammer und Sichel herum, was man beispielsweise in den ehemaligen Sowjetrepubliken nirgendwo sieht, wenn sich nicht gerade irgendwo ein paar Altkommunisten treffen, Ho Chi Minh ist allgegenwärtig, vor seinem Mausoleum steht man fast einen Kilometer lang in der Schlange. Auf der anderen Seite nutzen Banken, Brauereien oder Telekommunikationsunternehmen die hier ebenfalls immer noch allgegenwärtigen Propagandaplakate zu Werbezwecken. Ein sehr vielseitiges Land eben. Welches wir auf folgender Route bereist haben, wobei Laos ja schon im letzten Post dran war.

Nachdem sich das Tablet erfolgreich gegen die Installation von Bildbearbeitungsprogrammen gesträubt hat, ist jetzt mal Schluss mit lustig und so gibt es die Reiseroute dann eben analog und mit Kugelschreiber. Kambodscha hab ich leider nicht so gut hingekriegt, aber da waren wir ja auch nicht.

Von Vientiane aus sind wir, entgegen unserer ursprünglichen Planung nach Ho-Chi-Minh-Stadt geflogen, da wir einfach keine Lust mehr auf endlos lange Busfahrten hatte. Dort sind wir auf die Homepage eines Engländers gestoßen, der angeblich alte Vespas für Touren durch Vietnam vermieten sollte. Was er seinerzeit, als die Truppe von Top Gear bei ihm angeklopft hat auch noch getan hat (danach vermutlich nicht mehr).

Und der hatte vielleicht ein paar Schätzchen...



...allerdings nicht für uns.
Das hat uns im ersten Moment ziemlich ernüchtert, und wir waren schon drauf & dran wieder zu gehen, aber schließlich hat uns das Argument überzeugt, das jeder in Vietnam so eine Plastikhonda reparieren könne, eine Vespa mit einem Platten hingegen für lange Liegezeiten garantiere. Und er sollte recht behalten, sowohl was die Chance auf einen Platten (3 Mal in 11 Tagen) als auch die unkomplizierte Reparatur betraf (Werkstatt nie weiter als 500 Meter, Dauer maximal 20 Minuten, Kosten unter 3 Euro und allseits gute Laune).

Gehört dazu...

Nach einem ordentlichen Guss sah HCMS mal kurz ganz ausgestorben aus. Aber nicht lange.

Ho-Chi-Minh-Stadt, das ehemalige Saigon (wie es auch noch oft genannt wird) ist eine extrem lebhafte riesige Metropole, welche ununterbrochen von einem unvorstellbaren Geschwader an Mopeds durchrauscht wird. Dagegen wirkt Hanoi fast beschaulich. Und es war dort wahnsinnig heiss und der Regen auf dem Foto hatte eher den Effekt von einem Aufguss in der Sauna. Es gibt auch ein paar Sehenswürdigkeiten, unter anderem ein sogenanntes Kriegsreliktemuseum, welches eine große Anzahl äußerst verstörender Fotos zeigt. Man fühlt sich sehr merkwürdig, wenn man dort zwischen zum Teil weinenden Europäern oder Amerikanern und laut scherzenden asiatischen Familien, die mit ihren Kindern vor den Ausstellungsstücken posieren hindurchgeht.

Wenn es Nacht wurde, hatte man das Gefühl, dass es dann erst so richtig losging, obwohl es sich eigentlich kaum abkühlte. Keine Ahnung, wann die eigentlich schlafen...

Während die Besitzerin der voll ausgestatteten Oktopusstreifen-Fahrradfriteuse die Bestellungen aus den umliegenden Läden zubereitete, musste sie gleichzeitig sorgfältig die Straße im Auge behalten und insgesamt dreimal vor der Polizei in einer Nebengasse in Deckung gehen.

Essen kann man in HCMS übrigens sehr lecker...

Was der Gecko an unserem Frühstückstisch auch bestätigen würde.

Jedenfalls waren wir dann irgendwann ganz froh, als wir auf die Roller steigen und ins ländliche Vietnam aufbrechen konnten. Dabei haben wir auch gleich noch einmal einen Eindruck von der Größe Saigons bekommen; es hat fast einen halben Tag gedauert, bis wir endlich aus seinem Speckgürtel herausgefahren waren. Und wir uns soweit an den Verkehr gewöhnt hatten, dass auch wir, wie jede Hausfrau hier, drei Kinder mit Schultaschen und ohne Helme bedenkenlos hätten mitnehmen können.

Leben auf dem Wasser. Ob man die Kinder, bevor sie schwimmen lernen immer irgendwo festbindet?

Unser Weg führte uns in zwei Tagen nach Dalat in den Bergen, die angeblich schönste Stadt in Vietnam. Und vermutlich lässt es sich nicht vermeiden, dass man, wenn man sowas im Reiseführer liest, eine gewisse Erwartungshaltung entwickelt, die nur darauf wartet, enttäuscht zu werden. Ich denke, Dalat steht alleine deshalb bei den Vietnamesen so hoch im Kurs, weil es schön gelegen und aufgrund der Höhe einfach nicht so heiss ist.

Es gibt auch wirklich viele Blumen und einen Botanischen Garten...

...sowie das sogenannte "Crazy House". Ein Gebäudekomplex wie eine Mischung aus Hundertwasser und Phantasialand, bei dem sich die Tochter eines ehemaligen Präsidenten als Architektin mal so richtig austoben durfte.
Eine der schönsten Strecken in Vietnam führt von Dalat durch die Berge ans Meer, nach Nha Trang. So gesehen war an diesem Tag echt der Weg das Ziel, denn Nha Trang, welches fest in russischer Hand ist, sollte man keineswegs verpassen, wenn man auf Bettenburgen am Strand steht und sich an einsamen Ständen langweilt. Sonst kann man es getrost vergessen.

Eine Straße überqueren. Oder auch nicht.


Aber die Fahrt dorthin war einfach klasse!
So haben wir Nha Trang und die Küste am nächsten Tag einigermaßen fluchtartig verlassen und sind zurück ins Landesinnere gefahren. Dabei sind die kleinen Hondas allerdings ziemlich an ihre Grenzen gekommen, denn die kleineren Straßen sind hier oft in einem Zustand, der schon gar keiner mehr ist.

Das ist...


...ja so...

...schön hier!!!

Am Ende hat dann auch alles gut geklappt, und wir sind zurück an der Küste in Hoi An gelandet. Dessen Altstadt hatte das Glück von Kriegen und Bränden verschont zu bleiben und gehört zum UNESCO Weltkulturerbe. Und die alten Häuser, die abends ausschließlich von Lampions beleuchtet werden (elektrisch zwar, aber trotzdem!) sehen wirklich wunderschön aus. Allerdings wälzen sich wirklich Horden von Touristen durch die Gassen (so wie wir), und man wird auf Schritt und Tritt gefragt, ob man sich nicht irgendetwas schneidern lassen wolle.



So viele schöne Lampions überall - die wollten wir natürlich auch haben, und die gab es dort auch buchstäblich an jeder Ecke. Dann waren wir aber vom Angebot (und den Verkäufern) so erdrückt, dass wir sie im einzigen Lampionladen von Hanoi gekauft haben.



Japanische Brücke in Hoi An
Von Hoi An ist es nur ein Katzensprung nach My Son, einer uralten Tempelanlage mitten im Dschungel. Während des Vietnamkrieges ist ein großer Teil der Tempel bzw. Tempelruinen aus dem 2. oder 3. Jahrhundert zerstört worden. Man versucht, sie wieder zu rekonstruieren, was aber schwierig ist, weil man immer noch nicht weiß, wie seinerzeit die fugenlose Bauweise funktioniert hat, und man keinen Mörtel einsetzen kann, weil der zu starkem Moosbewuchs führt. Es herrscht dort eine schöne, vergleichsweise ruhige und würdevolle Atmosphäre. 

Und eine wahnsinnige Hitze.

Unsere Mopedtour führte uns dann die Küste entlang und über den Wolkenpass in die alte, am Parfümfluss gelegene Kaiserstadt Hue. Einen guten Teil unserer Zeit haben wir dort darauf verwendet, die Roller mit dem Zug nach Ho Chi Minh Stadt zurück zu schicken. Und natürlich haben wir uns die berühmte Zitadelle mit der Verbotenen Stadt, bzw das, was davon noch oder wieder steht angesehen. Außerdem gibt es in Hue mehrere Kaisergräber, von denen wir wegen der Hitze aber nur eines besucht haben.

Eingang zur Zitadelle

Einschusslöcher in den Kupferkesseln zeugen von einer der schwersten Schlachten des Vietnamkrieges

Intarsien oder Extarsien? Wer weiß das schon.

Räucherstäbchenverkauf vor dem Mausoleum von Kaiser Tu Duc

Mausoleum des Kaisers, welches Teil einer großen und schönen Anlage ist. So schön, dass der Kaiser sich schon zu Lebzeiten immer mehr dorthin zurückzog.

Von Hue aus sind wir dann mit dem Nachtzug nach Hanoi zurück gefahren, von wo aus morgen der Flieger nach Hause startet. Nach drei Monaten unterwegs ist das naturgemäß mit einem bunten Potpourri aus gemischten Gefühlen verbunden. Man ist so sehr im Reisemodus und hat so vieles noch nicht gesehen. Auf der anderen Seite sind wir auch ein bisschen reisemüde, wir sind während der ganzen Zeit nirgendwo länger als 3 Tage am Stück geblieben. Und dann sind da noch die ganzen Eindrücke, die irgendwann mal gründlich gekaut und in Ruhe verdaut werden wollen. Aber eigentlich ist das nicht wichtig, denn ab morgen sehen wir unsere Familien, Freunde und andere Vermisste wieder. Oder, um es mit den Worten unseres indischen Fahrers, bzw. der Autovervollständigung seines Handys zu sagen: "See you tomato!"




Mittwoch, 5. April 2017

Auf dem Banana-Pancake-Trail


So haben wir es dann doch noch ins Wasserpuppentheater geschafft, und waren uns sofort einig, dass sich auch der doppelte Eintritt für diese schöne Tradition absolut gelohnt hat. Mit den Puppenspielern möchte man aber nicht tauschen, selbst wenn die im günstigsten Falle Neoprane drunter tragen…


Leider sind die Fotos alle unscharf, am besten herkommen und selber gucken.

Hanoi selbst ist möglicherweise mein persönliches Städtehighlight dieser Tour. Das alte Hanoi um die Kathedrale hat man wirklich schön und behutsam restauriert, drum herum ein wahnsinnig betriebsames Geschäftsviertel, in dem sich das ganze Leben komplett auf der Straße abspielt. Dazu viele französische Kolonialbauten, jede Menge Cafés, nette Läden, viele Museen…


...Und natürlich das Ho Chi Minh Mausoleum. Wir hatten Glück, dass er nicht, wie bei Elsens letztem Besuch, in Moskau bei Lenins Präparator war. Der sich wiederum meiner Meinung nach mit Lenin mehr Mühe gegeben hat.



Hier rollt manchmal der Wiedervereinigungsexpress durch, aber ganz langsam...



Und mitten im Zentrum liegt der Hoan Kiem See, um den sich eine Sage rankt, in der eine Schildkröte, ein Schwert und eine Schlacht eine Rolle spielen. Mit weiteren Details möchte ich hier niemanden langweilen, wohl aber damit, dass man 1968 tatsächlich eine riesige Schildkröte in dem See gefunden (und präpariert) hat, die angeblich das gesegnete Alter von geschätzt 400 Jahren erreicht hatte und die eines der letzten 4 Exemplare ihrer Art auf der Erde war. Wovon sich eines angeblich ebenfalls in dem See befinden soll, aber nur ganz selten gesichtet wurde…



Von Hanoi aus sind wir dann auf direktem Wege nach Laos gefahren, mit lediglich einem Zwischenstopp in Dien Bien Phu, welches für den ambitionierten Historiker interessant ist (weil hier die Schlacht geschlagen wurde, die die französische Kolonialherrschaft in Vietnam beendete), bzw. für die ambitionierte Reisende (die keine Lust hat, sich qualvolle 20 Stunden lang in einen Bus zu setzten, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt). Der Grenzübergang nach Laos wird uns immer als derjenige in Erinnerung bleiben, bei der wir nach einer Reihe von phantasievollen Gebühren am Ende noch eine Gebühr fürs Fiebermessen entrichten mussten. Darüber haben sich viele unserer mitreisenden Traveller aufgeregt, wir waren aber eher erleichtert, dass man dort bei den Fieberthermometern über moderne Messgeräte verfügt. 


Man soll ja nicht an Grenzübergängen fotografieren, aber nachdem wir uns die ganze Zeit über gefragt hatten, woher der beißende Geruch kommen mochte, waren wir dann so stolz, das Rätsel endlich gelöst zu haben. Beim Temperaturmessen wäre die Ziege mit Pauken und Trompeten durchgefallen.

Und dann wartete in Laos angekommen auch schon einer der Höhepunkte einer jeden Laosreise: eine Bootstour auf dem Nam Ou Fluss. Die war wirklich wunderschön, und der Umstand, dass unterwegs zweimal der bockig röhrende und sprotzende Motor ganz ausfiel und wir am Ende noch durch ein amtliches Gewitter schipperten, hat das ganze Erlebnis noch abgerundet. Leider kann man nur noch bis nach Nong Kiaw fahren, weil die Chinesen hier einen Staudamm nach dem anderen bauen, und auch, wenn es schade war, nicht weiter fahren zu können, hat es sich gelohnt dort auszusteigen, denn der Ort liegt sagenhaft schön in einer Landschaft in der es sich gut aushalten lässt.






Am nächsten Tag ging es dann nach Luang Prabang, die mit Abstand interessanteste Stadt in Laos. Was man alleine daran erkennt, dass hier so viele Touristen unterwegs sind, obwohl wir nicht mal in der Hauptsaison hier sind. Was aber auch mittlerweile zu Konflikten mit den hier lebenden Mönchen führt, die verständlicherweise keinen Spaß daran haben, bei ihrem allmorgendlichen Almosengang durch ein Blitzlichtgewitter zu schreiten. Und denen man von Seiten der Stadtverwaltung mitgeteilt hat, dass, wenn sie ihren Almosengang in die ruhigeren äußeren Stadtbezirke verlegen sollten, man eben Komparsen in orangen Gewändern für die Touristen durch die Straßen schicken würde.

Und so sind wir wegen all der blöden Idioten nicht hingegangen. Dafür sind die Mönche aber netterweise an  unserem Hotelzimmer vorbei gekommen...

Davon abgesehen ist Luang Prabang aber wirklich sehr schön, ebenso, wie die Landschaft drumherum.






Und nun sind wir in Vientiane, der laotischen Hauptstadt. Angereist sind wir mit dem sogenannten VIP Bus. Die haben in aller Regel eine Toilette (die man aber nicht benutzen möchte) und richtigen Service. So gab es direkt nach der Abfahrt erstmal eine Runde Wasserflaschen für jeden, danach eine Runde Kotztüten. Die sind in laotischen Bussen leider transparent, finden aber unter den einheimischen Reisenden reißenden Absatz, was zu beobachten wir schon auf mehreren Fahrten das zweifelhafte Vergnügen hatten. In diesem Fall konnte der Steward am Ende erfreulicherweise alle Tüten jungfräulich wieder einsammeln, hatte der Bus doch einen ordentlichen Getriebeschaden, so dass unser Fahrer kaum Zugriff auf die größeren Gänge hatte. Und sind wir im Scheckentempo nach Vientiane gekrochen, für die 380 Kilometer haben wir geschlagene 10 Stunden gebraucht.

VIP Bus beim Boxenstopp

Vientiane ist nett und ziemlich unspektakulär und kommt in den Kritiken anderer Reisender oft nicht so gut weg. Aber wenn man nicht so viel erwartet wird man keineswegs enttäuscht. Hier stehen buchstäblich überall verstreut Tempel mitten in der Stadt, was ein schöner Kontrast zu der ganzen Geschäftigkeit ist. Und es gibt ein sehr beeindruckendes Visitor Center einer Organisation, die sich hier um die Opfer sogenannter Unexploded Ordnance kümmert. Und von denen gibt es viele, ist Laos doch bis heute das am stärksten bombardierte Land der Erde.

Abwurf von Bomblets, sehr anschaulich dargestellt.
Anouvong, der letzte laotische König. Sein Versuch, sein Reich aus der Herrschaft der Siamesen zu befreien endete mit der völligen Zerstörung Vientianes und seinem Lebensende in einem Käfig in Bangkok.

Morgen geht es für uns wieder zurück in Richtung Vietnam, da Südlaos nicht so sehr interessant sein soll, es dagegen entlang der vietnamesischen Küste viele sehenswerte Orte gibt und sich schlussendlich ja auch unser Multiple Entry Visum gelohnt haben soll!!