Mittwoch, 31. August 2016

Moto Sapiens und das unsichtbare UFO

Da waren wir dann also auf einmal in Bulgarien, steuerten den erstbesten Campingplatz an, warfen uns ins Schwarze Meer und hatten plötzlich Zeit. Manche Strecken unterwegs waren kürzer als gedacht, die Straßen in Moldawien viel besser als befürchtet, die Ente zwar langsam aber ohne Aussetzer und so blieben auf einmal noch 5 Tage bis zur Fähre in Burgas. 

Aber es war so heiß, dass die Seitenbleche raus mussten.

Und da wir keine Lust auf Badeurlaub am Goldstrand hatten, haben wir uns nochmal aufgemacht ins Landesinnere, denn dort gab es zwei Orte, die zwar nicht unbedingt zu Bulgariens Hauptsehenswürdigkeiten zählen, die wir aber unbedingt besuchen wollten. Erstmal sind wir aber, weil es so schön am Weg lag, nach Madara gefahren, wo in einen Fels gehauen ein uraltes Relief einer Reiters zu sehen ist, versehen mit einer Inschrift, in der der Name „Bulgarien“ zum ersten Male erwähnt wird. Der Reiter ist so eine Art bulgarisches Nationalheiligtum und lässt sich auch auf den meisten Münzen finden.



Was sich dagegen nicht finden ließ, war der Campingplatz am Ort, obwohl er sowohl auf der Karte, als auch im Internet angegeben war. Schöner Mist, denn, obwohl es erst früher Nachmittag war, hatten wir bei grob geschätzten 40 Grad einfach keine Lust mehr. Und der nächste Platz, von dem wir sicher sein konnten, dass es ihn tatsächlich gibt, lag noch 200 Kilometer entfernt. Die Rettung nahte dann in Person eines sehr dicken Kochs, der uns in seinem kleinen Lokal Portionen auftischte, die er garantiert selber auch nicht geschafft hätte. Aber nachdem wir diese Schlacht geschlagen hatten, erschienen uns alle weiteren Herausforderungen nichtig, und so machten wir uns  dann doch auf den Weg.
Vielleicht an dieser Stelle noch ein kleiner Exkurs zum Essen: ist ganz lecker hier, viel Gegrilltes, viel Fisch, die Beilagen bestellt man extra, Hauptgericht und Beilagen kommen nie zur gleichen Zeit (so dass man sich immer entscheiden muss, ob man lieber beides nacheinander isst, oder lieber gleichzeitig, dann ist aber eins schon kalt), und die Speisekarten sind natürlich fast ausschließlich auf Bulgarisch gehalten. Wenn man dann auch mit der Kellnerin keine gemeinsame Sprache findet, ist Blindverkostung angesagt, wobei wir zuverlässig jedes Mal an Innereien geraten. Und einmal an Schweineohren, vor der uns allerdings eine zweite Kellnerin mit Englischkenntnissen bewahrt hat, die uns, von der ersten Kellnerin ratlos herbei gewinkt, gefragt hat, ob wir das wirklich bestellen wollten. Naja, als eingefleischter Vegetarier macht sowas echt keinen Spaß. Und genau deshalb setze ich damit auf Reisen immer aus.

Und da wir irgendwie nie unser Essen fotografieren, kommt hier ein Foto von einem bulgarischen Lavendelfeld

Jedenfalls sind wir dann am Ende doch ziemlich flott zu Dougs Motocamp durchgefahren. Das ist einer dieser Orte, an denen jeder, der auf einer längeren Tour ist Halt macht, an dem man nur Overlander trifft, an seinem Fahrzeug schrauben kann (war in unserem Fall nicht nötig), mit Essen, Bier und Reiseinfos gefüttert wird und an dem immer eine ganz besondere Stimmung herrscht, weil fast alle dort entspannt sind, von ihrem Reisemodus herunterkommen wollen, was zu erzählen haben und auf Leute treffen, die das auch hören wollen, kurz, da wollten wir unbedingt hin. Und schön war´s, auch wenn es nicht viel zu erzählen gibt, denn wir haben einfach 2 Tage Urlaub vom Urlaub gemacht. Ach doch, an der Bar lag eine zerlesene Ausgabe eines deutschen Motorrad Magazins herum, und zwar ausgerechnet das Exemplar, für das ich mal einen Artikel geschrieben hatte. Und eine Rezension für ein Buch, das ich nicht gelesen hatte, aber das ist eine andere Geschichte.



Nicht weit vom Motocamp, hoch in den Bergen, lag der zweite Ort, den wir unbedingt sehen wollten, das UFO von Besludsha. Wer sich für Lost Places interessiert, hat vielleicht schon mal davon gehört. Ein futuristischer Protzbau in UFO-Form, in den 80ern mitten ins Gebirge gepflanzt von den Kommunisten unter Schiwkow. 



 Seit Jahren verfällt er vor sich hin, und es herrscht ein erbitterter Kampf zwischen jenen, die den Eingang immer wieder aus Sicherheitsgründen zu schweißen lassen und denen, die ihn immer wieder aufbrechen, denn im Inneren soll es beeindruckende, wenn auch bröckelnde Glasmosaike geben. Als wir da waren, war natürlich alles dicht, aber damit nicht genug. Nachdem wir uns, teilweise nur im 1. Gang den Berg hinaufgequält hatten, war alles…




Und kaum, dass wir den Berg auf der Südseite hinunter rollten herrschte wieder strahlender Sonnenschein.
Und nun sind wir auf der Fähre, die uns nach Batumi in Georgien bringt. Mit durchschnittlich 16km/h, das erklärt die 60 Stunden Fahrzeit. Ohne WLAN. Aber es lässt sich überraschend gut aushalten, was nicht zuletzt an unserer Kabine liegt, womit ich dann auch zu unserer letzten Bulgarienanekdote komme. Im Vorfeld hatten wir Kontakt zu der Fährgesellschaft aufgenommen, und nachdem ein gewisser Drago dort lediglich unsere Namen wissen wollte und welche Kabine wir gerne hätten und dass wir einfach bar beim Kapitän bezahlen sollten, hatten wir doch das dumpfe Gefühl, besser vorher mal zum Hafen zu fahren um das Ganze in trockene Tücher zu bringen. Und tatsächlich trafen wir unseren Email-Kontakt leibhaftig an, und während wir uns noch unterhielten kam ein Kollege herein, rief ihm etwas zu, grinste und verschwand. Worauf Drago uns fragte, was denn mit unserem Auto los wäre? Kurz, es stellte sich heraus, dass er auch eine Ente fährt, und zwar die einzige in Bulgarien, wie er sagte. Ich mag ja solche Zufälle und er offensichtlich auch, denn als wir am nächsten Tag unsere Kabine auf dem Schiff in Augenschein genommen hatten, sind wir sofort zum Steward gerannt, um ihn darüber aufzuklären, dass wir nur eine simple 2er-Kabine und keinesfalls die Präsidentensuite gebucht hätten. Der aber lachte nur, don´t worry, dies sei ein gift from the manager. Und fügte, als wir ihn weiterhin verständnislos anstarrten erklärend hinzu: „You drive the same car.“

So geht das!

Montag, 29. August 2016

Zweimal Rumänien, bitte!

Nun wird es aber mal langsam allerhöchste Eisenbahn, über unsere Zeit in Rumänien zu schreiben. Das haben wir bisher nicht gemacht, weil wir zweimal eingereist sind, und beide Male für sich genommen nicht unbedingt postfüllend waren.
Das erste Mal sind wir von der Ukraine aus eingereist, mitten durch die Karpaten. Und um es vorweg zu nehmen: wir waren froh, dass wir vor zwei Jahren schon mal bei schönem Wetter hier waren. Bei Regen (und davon hatten wir reichlich), sehen die Wälder struppig, zerzaust und beängstigend dunkelgrün aus, die Schlaglöcher tarnen sich als Pfützen mit ungeahntem Tiefgang und die Dörfer entlang der Straße ziehen sich endlos dahin. 


Schön, das tun sie auch bei Sonnenschein, aber dann sehen die Brunnen vor all den Häusern ohne fließend Wasser malerisch, die Gemüsegärten all der Selbstversorgerhaushalte appetitlich und die langsam daher zuckelnden Pferde- oder Eselkarren nach beneidenswerter Entschleunigung aus. Und auch die, bei jedem Wetter schön anzusehenden Holzkirchen haben nicht mitgemacht, denn als wir gerade beschlossen hatten, an der nächsten anzuhalten, sie zu besichtigen und zu fotografieren, kam natürlich keine mehr.

Keine Holzkirche, aber schön eingerüstet

Da war es ein Glück, dass wir von unserer heiteren Campingplatzbesitzerin in Sighetu Marmatiei, deren Heiterkeit offenkundig nicht zuletzt auf das Konto von rumänischem Whiskey ging, den sie großzügig mit ihren Gästen teilte (auch wenn die Gäste daran schwer zu schlucken hatten, wenn sie ihn nicht gleich, wie Kolja, in einem unbeobachteten Moment in die Pflanzen kippten; mit dem Zeug hätte man Leder gerben können), dass sie uns jedenfalls nachdrücklich ans Herz legte, wir sollten unbedingt einen gleichermaßen berühmten wie nahgelegenen Friedhof besuchen. Und wenn ihr jetzt denkt, na toll, auch noch ein Friedhof, das kann ja heiter werden – stimmt! Es handelte sich nämlich, und so steht es auch in unserem Reiseführer geschrieben, um den lustigsten Friedhof (der Welt…?), was daher rührt, dass der Holzschnitzer Stan Ion Patras aus Sapanta seine kunstvoll gefertigten und allesamt blau angemalten Holzkreuze mit Anekdoten über Leben und/oder Todesursache der Verstorbenen versehen hat. 





Und auch wenn wir argwöhnen, dass hier gut abgehangener Altherrenhumor in Holz gebeitelt wird, wir uns in Ströme von Touristen eingereiht haben, die den kleinen Ort reisebusweise überrollen, und wir uns nicht gewundert hätten, hätte man zwischen den Kreuzen noch irgendwo ein Kinderkarussell untergebracht, hat er uns doch irgendwie ganz gut gefallen.


Am nächsten Tag schlug dann das Wetter um, und da wir wenig Lust hatten durch den Regen zu stapfen, beschlossen wir, das schlechte Wetter zu nutzen um Kilometer zu machen. Und so waren wir zwei Tage später in Moldawien, worüber ihr ja schon im Bilde seid.

Unsere zweite Einreise von Moldawien aus führte uns dann ins südöstliche Rumänien, das hier sehr ländlich und vergleichsweise dünn besiedelt wirkt. Mit der rasant zunehmenden Häufigkeit der Pferdegespanne nahm dann auch die Tankstellendichte rapide ab, so dass wir mit Ach & Krach und dem letzten Tropfen moldawischen Sprits die Stadt Tulcea und damit die Pforte zum Donaudelta erreichten. Den Reservekanister haben wir bisher noch nicht benutzt, teils, weil die Heckklappe auch so kaum noch aufgeht, teils, weil es einfach nicht nötig war, LUK-Oil sei Dank, die haben sich hier überall verbreitet wie Kopfläuse im Kindergarten.

Und irgendwann sind wir mal sehr froh darüber, einen Reservekanister zu haben. Ganz bestimmt.

Im Delta sahen wir uns dann zum ersten Mal auf unserer Reise mit der Aufgabe konfrontiert, uns zwischen mehreren zur Auswahl stehenden Campingplätzen entscheiden zu müssen. Was für ein Luxusproblem! Wir entschieden uns für den eines Fischers, der seine Gäste auf Wunsch in seinem kleinen Boot durchs Delta schippert, und wir haben es nicht bereut. Gerade die Fahrt durch die vielen kleinen Seitenarme ist wirklich schön. 


Wir haben jede Menge Vögel gesehen, die wir allesamt nicht benennen konnten (vermutlich weniger deshalb, weil sie so wahnsinnig selten sind, als vielmehr, weil wir beide einfach keine Ahnung haben), außerdem schwarze und weiße Kormorane, Möwen, zwei Eisvögel, Blesshühner und einen Schwimmbagger, der sich ausdauernd und für uns ohne erkennbaren Sinn selbst mit Wasser übergossen hat. 





Bloß die Pelikane waren an diesem Abend leider woanders unterwegs, nachdem sie mittags doch so vielversprechend im Tiefflug über unseren Campingplatz gezogen waren.
Und auch wir zogen dann weiter; bei brüllender Hitze entlang der Küste war es nach Bulgarien nicht mehr weit. 

Dienstag, 23. August 2016

Die teuerste Stadtkarte der Welt und ein Land, das es nicht gibt

Chisinau also. Ob es uns gefallen hat? Oh ja, sehr sogar. Wir sind auch einen Tag länger geblieben, als geplant. Was es da so zu sehen gibt? Ähhmmm...



Zugegeben, wir waren schlecht vorbereitet. Also eher gar nicht. Also wollten wir uns nach unserem ersten ausgedehnten Erkundungsgang durch die Stadt im Hotel eine City Map kaufen, weil dort ja in aller Regel die Sehenswürdigkeiten verzeichnet sind, von denen wir vermutet hatten, dass sie sich möglicherweise allesamt etwas abseits vom Stadtzentrum versteckt haben könnten. Die ziemlich betagte und sehr resolute Dame an der Touristeninformation breitete auf unsere Frage hin dann auch zwei nahezu identische Karten aus und hob an zu sprechen. Auf Russisch und Moldawisch und für uns kaum zu verstehen, aber da die Karten auf Englisch beschriftet waren, war das auch nicht weiter wichtig. Also nutzte ich eine Atempause, um auf eine der Karten zu zeigen, this one, please! Ihr Blick gebot mir Schweigen, umständlich wurde die zweite Karte entfaltet und Kolja ging dann schon mal. Es folgten weitere Erklärungen und ich versuchte es hoffnungsvoll mit energischerem Fingerzeig und auf Russisch, takoj, paschalsta! Danach dauerte es dann auch nur noch wenige Minuten bis die Einführungsphase ganz offensichtlich beendet und nun zügige Entscheidungsfindung gefragt war, jedenfalls entnahm ich das dem zunehmend unwirschen Blick und dem allmählich ungeduldig zuckenden Schnurrbart. Also deutete ich zum dritten Mal auf dieselbe Karte und wurde erhört, 75 Lei, bitte sehr, umgerechnet 3 Euro, für eine popelige Karte, die man in jeder Touristeninformation hinterher geworfen kriegt. Und ich war so beeindruckt, dass ich sie ohne zu nörgeln, ja, ohne mich auch nur im Stillen darüber zu ärgern bezahlt habe. Es gibt Leute, die ihr Handwerk einfach verstehen!

Um sich eine solche Karte leisten zu können brauchts schon mehr als 6 lumpige transnistrische Rubel!!

Was die Sehenswürdigkeiten betrifft, waren wir dann doch einigermaßen ernüchtert. Einen guten Teil davon hatten wir schon gesehen (ziemlich kleine Kirche, ein Museum, ein ganz hübscher Park...). Und wir hatten auch schon Fotos davon gemacht, z.T. allerdings aus Versehen wie bei diesem hier.


Eigentlich haben wir die Schach spielenden Jungs fotografiert, der Triumphbogen im Hintergrund war uns erst gar nicht aufgefallen. Und doch rangiert er bei TripAdvisor unter den Top 3. Mit anderen Worten, Chisinau hat schon was, ist freundlich und lebendig, aber, und die Moldawier mögen uns das verzeihen, gesehen haben muss man es nicht.

In einem ganz anderen Licht, weltoffen und beinahe kosmopolitisch erstrahlt es aber, wenn man von einem Ausflug nach Transnistrien zurückkehrt. Transnistrien hat sich 1992 von Moldawien abgespalten und für unabhängig erklärt, orientiert sich sehr stark an Russland, wird aber von keinem Land der Erde anerkannt. Das hat die Transnistrier aber nicht daran gehindert beispielsweise eigenes Geld und eigene Briefmarken zu drucken, und vor allem eine Grenze um ihr Land zu ziehen, an der ein beeindruckender Ein- und Ausreisezirkus geboten wird. Wir sind mit dem Bus in die 70 Kilometer entfernte Hauptstadt Tiraspol gefahren (zwei Tickets kosten übrigens exakt soviel wie eine City Map von Chisinau), und waren ziemlich ernüchtert. Nicht, dass wir viel erwartet hätten, aber Tiraspol ist eine vollkommen gesichtslose Stadt. Wir hatten wenigstens mit einem Straßenbild voller alter Lada, Wolga und Gas gerechnet, mit einer kleinen Sowjetzeitreise, von der man an der Grenze einen kleinen Vorgeschmack zu spüren glaubte, aber nicht mal das. Es war einfach stinklangweilig und so sind wir nach drei Stunden wieder zurückgefahren. 

Transnistrischer Traktor, als Walze verkleidet

Im Bus nach Tiraspol

Friedliches Nebeneinander von Baustilen, die sich normalerweise nicht grüßen würden...

Na, immerhin waren wir mal da, in dem Land, das es nicht gibt.

Freitag, 19. August 2016

Juri Gagarin und die Weinsammlung von Herrmann Göhring

„Hab ich das grad richtig verstanden? Seid ihr aus Deutschland?“ wurden wir mit ungläubigem Unterton von einer jungen Frau im Lift unseres Hotels gefragt. Richtig, wir sind im Hotel, das Campen haben wir für unsere Zeit in Moldawien mal vorübergehend an den Nagel gehängt.

                                         Hat auch wirklich oft geregnet!

Von unserem Fenster aus können wir unser Auto sehen, und immer wieder Leute, die es fotografieren. Das war in den anderen Ländern bisher ähnlich, aber hier wird oft einfach nur das Nummernschild fotografiert. Mit anderen Worten, Touristen aus dem Westen scheinen sich nicht so sehr oft hierher zu verirren, wir haben auch in der Stadt kaum welche gesehen. Trotzdem fühlen wir uns hier aber nicht unwohl oder deplatziert, ganz im Gegenteil.


Schon an der Grenze war irgendwie Urlaubsstimmung. Eigentlich hatten wir mit ellenlangen Autoschlangen, schleppender Abfertigung, postsowjetischer Unfreundlichkeit und einem Riesenstapel Formulare in uns unverständlicher Sprache gerechnet. Stattdessen sind wir bei strahlendem Sonnenschein direkt zur Passkontrolle durchgefahren um nach wenigen Minuten von den Rumänen an die moldawischen Kollegen weiter gereicht zu werden. Und die waren einfach nur klasse!! Die Formalitäten wurden eher nebenbei erledigt, wir haben uns nett auf Englisch unterhalten, und als Kolja auf freundliche Nachfrage die bockige Motorhaube aufsperrte, legten insgesamt sieben Leute den letzten Rest von Grenzbeamtenetikette ab und die Handykameras an. Und waren angesichts des dürftigen Motorrauminhalts äußerst erheitert. Nur einer hat nicht mitgemacht, der saß währenddessen am Steuer und probierte die Krückstockschaltung aus. Ein Jammer, dass man an Grenzen keine Fotos machen darf!
Weiter nach Chisinau ließ es sich wunderbar zügig auf ziemlich guten Landstraßen fahren, ohne, wie in Rumänien, durch endlos lange Dörfer mit 50 km/h, Viehtrieb und Gänseslalom zu zuckeln.


In Chisinau war dann allerdings der Spaß vorbei, die Moldawier fahren zwar ganz moderat und haben uns auch ein paar kurzfristige Richtungsänderungen nicht weiter übel genommen. Aber die Stadt ist ein einziger Verkehrsinfarkt und das bei 35 Grad, garniert mit einer Reihe von Baustellen, die unsere Offline-Karte nach kurzer Zeit in die Knie gehen ließen. Entsprechend derangiert kamen wir dann an unserem Hotel an, wir wollten zwar eigentlich woanders hin, aber das war dann auch egal.

Wenn man aber sehr früh aufsteht, kann man auch in Chisinau ordentlich Gas geben.

Das Hotel Cosmos sieht aus wie jedes Hotel Cosmos in der östlichen Hemisphäre. Eine sowjetische Monumentalbausünde, nicht ganz im Zentrum gelegen (da ist nicht genug Platz), davor eine monströse Statue (keine Ahnung, wer das ist, Lenin jedenfalls nicht), und da kein Mensch so ein Riesending braucht (schon gar nicht in Chisinau) liegt ein Teil der Etagen einfach brach. Aber es hat alles, was man braucht und obendrein wahnsinnig nette Rezeptionistinnen, denen wir sofort das Sorgerecht für uns übertragen haben und die sich seither rührend um uns kümmern.


So haben sie für uns erstmal eine Besichtigung von Moldawiens Sehenswürdigkeit Nummer 1, des Weinguts Cricova inklusive Taxifahrt organisiert. Taxifahren ist hier unschlagbar günstig, und wir hatten die Nase vom Fahren immer noch gestrichen voll. Jedenfalls haben wir uns dort im unterirdischen Stollensystem eines der größten Weinlager der Welt mit weit über 1 Million Flaschen angesehen. Juri Gagarin hat dort eine 2tägige Weinverkostung hinter sich gebracht (Respekt auch dafür!). Und Herrmann Göhrings Weinsammlung lagert dort ebenfalls, die hat man seinerzeit Moldawien als Reparationszahlung überlassen. War wirklich interessant. Man wird dort in diesen kleinen Touristenbimmelbahnen durch die Stollen gefahren und unterwegs haben wir nach einem Stop einen nicht unerheblichen Teil unserer Gruppe verloren. Den Tourguide hat das nicht weiter interessiert, und wir anderen fanden es eigentlich auch ganz gut, man saß doch sehr beengt.


Cricova ist auf jeden Fall eine Reise wert. Und Chisinau? Hm.

Das heben wir uns mal für den nächsten Post auf, der hier wird sonst zu lang.

Sonntag, 14. August 2016

Lviv und Karpaten

Und schon haben wir mit leisem Bedauern die Ukraine hinter uns gelassen, haben mit Lviv und den Karpaten natürlich nur einen kleinen Eindruck bekommen und hätten dort gut & gerne noch eine ganze Weile herum reisen können. Aber so ist das eben auf der Durchreise.
Angefangen haben wir in Lviv (Lemberg), nach einen überraschend schmerzlosen Grenzübertritt aus Polen. Die 80 Kilometer von der Grenze aus haben kaum gereicht, um uns an die ukrainischen Verkehrsgepflogenheiten zu gewöhnen. Gewöhnungsbedürftig war auch der Campingplatz, im Internet gepriesen als Hotspot direkt an der Rennbahn gelegen, wo man morgens den edlen Vollblütern beim Training zusehen könne. Das war allerdings in der Zeit vor der EM, danach hat in mancherlei Hinsicht in der Ukraine eine neue Zeitrechnung begonnen. Das letzte Rennen dort hat vor vier Jahren stattgefunden, die ganze Anlage lag brach und verströmte diese unvergleichlich gruselige Atmosphäre verlassener Vergnügungsparks.

                                                    Camping "Hotel Jockey"

Lviv dagegen ist wirklich schön, trägt seine bisweilen bröckelnde Pracht mit Würde, ist lebendig, freundlich, pulsierend und das genaue Gegenteil dieser aufwändig restaurierten Städte, die wie Puppenstuben für Touristen wirken. Die Altstadt um den Markt herum lässt sich gut an einem Tag besichtigen, uns hat besonders die Oper gefallen. Tragisch die Geschichte dahinter: der Architekt hat seinerzeit für seinen schwülstigen Innenausbau derart herbe Kritik einstecken müssen, dass er sich im Forum erschoss.

                                                              Seitengasse in Lviv                            



Gut, ein bisschen überladen wirkt es schon ...

An unserem zweiten Abend ging dann auch noch unser Wunsch in Erfüllung, dass sich doch bitte noch andere Camper auf unseren Platz verirren möchten, und seien es Wohnmobilrentner aus Deutschland. Letztere waren es dann zwar nicht, dafür durften wir die Bekanntschaft von Janusz und Tobi machen, zwei Jungs wie angereichertes Uran (der Vergleich passt so schön, weil sie Tschernobyl auf ihrer Reiseroute stehen hatten), deren Blog Joint Adventures treffender nicht hätte benannt werden können und die uns, während sie dabei waren eine Schneise aus Party und guter Laune durch die Lande zu schlagen, einen rauschenden Abend bescherten. 

So gesehen kam uns die Weiterfahrt in die ukrainischen Karpaten als Kontrastprogramm sehr gelegen. In manchen Dörfern scheint die Zeit still zu stehen, die Landschaft ist wunderschön und da uns jemand die Adresse eines Ökotourismus-Bauern gegeben hatte, haben wir einen kleinen Einblick in das ukrainische Landleben gewinnen können. Wir haben in erster Linie die Idylle dort wahrgenommen, die andere Seite ist natürlich jede Menge harte Arbeit. Was die Eigentümer nicht davon abgehalten hat, sich quasi ununterbrochen um unser Wohl zu kümmern. Und um Gottes Willen sollten wir nicht im Zelt schlafen, es hatte doch geregnet. Naja, wir werden jedenfalls auf unserer Reise vermutlich keinen Schlafplatz mehr finden, der an den Heuschober von Iwan und Alena herankommt…

 Bester Schlafplatz ever!!

Frühstück beim ukrainischen Bauern (Koch, Fremdenverkehrsexperten, Bademeister und Ernährungswissenschaftler in Personalunion)


Und dann ging es auch schon weiter in Richtung Rumänien. Eine klitzekleine Grenze mitten in den Karpaten, vielleicht 20 Autos vor uns in der Schlange, aber diesmal haben wir 3 Stunden gebraucht. Auf rumänischer Seite war es dann allerdings ganz nett, weil alle so viel Spaß an unserem Auto hatten. Wir waren dann auch die Einzigen, die vor den Augen der kichernden Zöllner und ein paar anderen interessierten Unbeteiligten unser Gepäck präsentieren mussten. Und die, offensichtlich nur wegen des Unterhaltungswerts aufgefordert wurden, die Motorhaube zu öffnen, was für allseits grinsendes Kopfschütteln gesorgt hat. Dabei haben die hier wirklich selber richtig merkwürdige alte Fahrzeuge.

Historisches meets prähistorisches Fahrzeug

Montag, 8. August 2016

Die meisten Unfälle passieren bekanntlich im Haushalt

Nun, viel zu berichten gibt es nach 2 Tagen natürlich noch nicht. Wir sind in Breslau und haben auf dem Weg hierher den Tag der LKW-Beinaheunfälle hinter uns gebracht. Der erste hat uns beim Auffahren auf die A4 in einer Baustelle in Dresden so gekonnt ignoriert, dass wir uns durch die Barken auf die gesperrte Nebenspur flüchten mussten. Der nächste, diesmal in Polen, hat uns, nachdem wir auf die Überholspur gewechselt hatten um ihn auffahren zu lassen, beim Wiedereinscheren förmlich weg getackelt, so dass wir ihn erstmal genüsslich rechts vorbei ziehen lassen mussten, bevor wir uns wieder hinter ihm einreihen durften. Und während wir uns noch unser Gemüt mit der Vorstellung einer Extra Hölle speziell für solche Trucker erleichterten (keine Schnitzel, keine Pornos und immer volle Parkplätze), wurden wir von einem Audifahrer aus Krakau überholt, der die ganze Zeit hinter uns her kriechen musste, der uns erstmal aufmunternd zuwinkte, aufs Gas trat, um dann knapp vor besagtem LKW einzuscheren um diesen dann umgehend und nach Strich und Faden auszubremsen. Und Breslau ist wirklich auch sehr schön.



 Erster Zwischenstop an der Saale


 Breslau

Mittwoch, 3. August 2016


So, technische Vorbereitung abgeschlossen. Neue alte Heckklappe besorgt, Metallkanister drauf geschraubt und damit Tankvolumen und Reichweite verdoppelt!!



Das Tarp hält auch bei stärkerem Wind, sofern es sorgfältig in der hinteren Beifahrertür eingeklemmt wird.


Und dank eines ausgeklügelten Systems, bestehend aus 2 Bundeswehr-Zargesboxen und 3 Spanplatten lässt sich mühelos eine Notschlafstelle einrichten. Sieht ungemütlich aus, ist es auch.

Reisefieba - die Temperatur steigt!

In 2 Wochen geht es los: mit dem 2CV Richtung Iran. Der bürokratische Kram ist endlich erledigt, jetzt muss bloß noch das Carnet de Passage ankommen. Und sich mal eine der Fährgesellschaften wegen der Passage über das Schwarze Meer melden. Oder auch der Vertreter des Amicale Citroen Club Iran (Ja, den gibt es!).
Ansonsten hätten wir es dann auch schon fast: das Auto ist beinahe startklar, die Route nimmt allmählich Formen an, die Garderobe ist mit freundlicher Unterstützung einiger Marxloher Fachverkäuferinnen dahingehend um kaschierende Oberteile und Kopftücher vervollständigt, dass wir im Iran keinen Anstoß erregen sollten, ein paar Brocken Farsi kämpfen tapfer um den Einzug ins Langzeitgedächtnis, Koljas Go Pro hat die ausgiebige Testphase bravourös bestanden, mit den Impfungen haben wir dann auch mal angefangen (die letzte Tollwut bekommt Kolja buchstäblich auf den letzten Drücker), es fehlen kaum noch Landkarten, Campingequipment, Reiseapothekenmedizin, Powerbanks, Ersatzakkus...
Merkwürdig, irgendwie wird das immer mehr.